Kreis-Minden-Lübbecke(mr). Die Sendung „ARD Markencheck“ brachte es an den Tag. Nach dem Spiegelbericht über die Arbeitsbedingungen bei Lidl und den Produktionsbedingungen in den Herstellerländern gelobte LIDL in der ARD Sendung „Anne Will“ Besserung. Umgesetzt davon scheint aber bis heute wenig, denn in nur zehn Lidl Filialen deutschlandweit gibt es einen Betriebsrat. Im Kreis-Minden-Lübbecke verfügt Lidl, nach Informationen der Gewerkschaft Verdi, bis heute über keinen Betriebsrat. Auch die Produktionsbedingungen haben sich nicht verändert. Arbeiterinnen müssen bis heute sechzehn Stunden für Lidl in den Fabriken für 30 € pro Monat arbeiten. Mangelernährung ist die Folge. Dieser wird in Bangladesch mit der Gabe von Vitaminpräperaten begegnet.
2200 Euro Brutto plus Zulagen, Urlaubs und Weihnachstgeld. Lidl zahlt Tarif. Hat aber bei 3300 Filialen in Deutschland laut Gewerkschaft Verdi nur zehn Betriebsräte. Im Kreis-Minden-Lübbecke, laut Verdi, verfügt keine Filiale über einen Betriebsrat. Dabei wäre die Einrichtung einen Betriebsrates ohne weiteres möglich, denn dafür seien nur fünf regelmäßig Beschäftigte in einer Filiale nötig.
Geändert hat sich die Zeiterfassung bei Lidl. Die erfolge nun elektronisch. Minutengenau werde nun die tatsächliche Arbeitszeit erfasst und nicht erfasste Mehrarbeit soll so verhindert werden. Ein Lidl Mitarbeiter berichtet allerdings anonym in der Sendung ARD-Markencheck von Druck und Angst in den Filialen und das die Arbeit in der offiziellen Arbeitszeit kaum zu schaffen sei. Er gehe dann zum Zeiterfassungsgerät, melde sich ordnungsgemäß ab, aber nicht um nach Hause zu gehen, sondern zurück in die Filiale um weiter zu arbeiten – ohne Lohn und ohne Versicherung.
Die Lidl Zentrale erklärt auf Anfrage der ARD, dass durch regelmäßige Mitarbeiterbefragung bestätigt worden sei, dass die Zeiterfassung nach Vorgaben von Lidl erfolge. Sollten Vorgesetzte die Grundsätze nicht einhalten, werde dies geahndet.
Auch vor länger Zeit habe es Gespräche über Defizite im Mitarbeiterumgang in den Lidl-Filialen im Kreis-Minden-Lübbecke gegeben. Nun sei es dort ruhiger geworden, teilt ein Verdi Sprecher in Herford mit. Ob sich die Situation nun gebessert habe oder die Mitarbeiter vielleicht nur resigniert haben, könne er nicht sagen. Aktuell geben es viele Mitarbeitergespräche mit Lidl Mitarbeitern aus dem Kreis Paderborn.
Noch schlimmer als in Deutschland, die Arbeitsbedingungen in den Fabriken, die für Lidl, aber auch die ganzen anderen Discounter, produzieren. In Bangladesch, einem der ärmsten Länder der Erde, lässt Lidl aber auch viele andere Discounter seine Bekleidungsschnäppchen produzieren.
Vor zwei Jahren prangerte eine Studie katastrophale Bedingungen in den Fabriken an und auch hier gelobte Lidl Besserung.
Heute gebe es, laut Lidl, unabhängige Kontrollen in den Fabriken zur Einhaltung von sozialen Standards. In ausgewählten Firmen finanziere Lidl Trainingsmaßnahmen damit das Management lerne, Arbeitsrechte zu wahren und es gebe in manchen Fabriken einen kostenlosen medizinischen Dienst. Beides durch die GIZ, und mit Hilfe des deutschen Steuerzahlers.
Das ARD Team gibt sich als Unternehmen aus, dass sich für den Bezug von Bekledung interessiere und dreht mit versteckter Kamera. Drückend heiß sei es in der Produktionshalle. Keine der Frauen trägt den erforderlichen Mundschutz und nicht einmal der Gang zur Toilette sei erlaubt, so die Arbeiterinnen die zum Teil bis zu sechzehn Stunden für 30 € Lohn im Monat dort arbeiten müssen. Fünfzehn Euro Miete kostet schon die kleine Wellblechhütte in den Slums.
„Die geringen Löhne machen es möglich Ihnen ein gutes Angebot machen zu können“ , preist der Fabrikbesitzer seine Produktionsvorteile.
Diesmal getarnt als Studenten gelingt es dem ARD Team, in eine anderen Fabrik die kostenlose medizinische Versorgung zu beobachten, mit der Lidl die deutsche Entwicklungsgesellschaft GIZ beauftragt hat. Als wichtigste Therapie verabreiche man dort Vitamintabletten, aufgrund der Bekämpfung von Hungersymptomen, so die Ärztin der GIZ.
„Vitaminpräparate verabreicht unsere Ärztin lediglich als Nahrungsergänzungsmittel, da in Bangladesch oft nicht die Unterernährung, sondern die Mangelernährung ein großes Problem darstellt.“, so die GIZ
Gisela Burckhardt von der Kampagne hält die ärztlichen Dienste ohnehin für Alibimaßnahmen. „Würde ein anständiger Lohn bezahlt, dann wären die Frauen auch nicht unterernährt und bräuchten auch keine Zusatztabletten.“
Satt werden die Menschen in Bangladesch von solchen Tabletten jedenfalls nicht. Aber auch nicht vom Lohn den sie in den Fabriken bekommen. Er reicht lediglich für eine Schale Reis für das Kleinkind, und eine Schale Reis die sich eine Arbeiterin mit ihrem Mann teilt. Ihren Sohn kann die Arbeiterin nicht in die Schule schicken. Für Bildung, ein menschenwürdiges Leben und eine ausgewogene Ernährung reicht der Lohn nicht aus.