Minden(mr/y). Die demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen machen auch vor der Region Ostwestfalen-Lippe nicht Halt: Eine Prognose des Statistischen Landesamts IT NRW hat ergeben, dass auch in hier die Zahl der Single-Haushalte bis zum Jahr 2040 deutlich ansteigen soll. Ein Trend, der die Frage aufwirft, ob die Menschen zunehmend vereinsamen: Wie leben und lieben Alleinstehende wirklich? Welche Rolle spielen Faktoren wie die zunehmend geforderte berufliche Mobilität und das Internet?
Berufliche Mobilität und Partnerschaft dank Internet?
Die Zahlen von IT NRW klingen alarmierend: Wie die Neue Westfälische berichtet, sollen den Prognosen zufolge allein in Höxter die Zahl der Mehrpersonenhaushalte in 25 Jahren um 29,8 % Prozent zurückgehen. Auch im Kreis Minden-Lübbecke steigt die Zahl der Single-Haushalte bis 2040 von rund 47.000 im Jahr 2014 auf circa 51.000 an: Werden Lebensmodelle wie eine Partnerschaft oder Familie zunehmend unattraktiver?
Ganz so einfach ist es nicht: Die Zahl der Single-Haushalte sagt zunächst nichts über den Beziehungsstatus der Bewohner aus. Immer häufiger wird beispielsweise von Arbeitgebern berufliche Mobilität gefordert, sodass Paare oft gezwungen sind, zu pendeln und zwei Haushalte zu führen. Moderne Kommunikationswege über das Internet machen dieses veränderten Bedingungen meist erst möglich und für die Betroffenen erträglich: Paare können sich per Skype trotz großer Distanzen sehen, Freunde bleiben über soziale Netzwerke in Kontakt, und wer als Single beruflich in fremde Städte ziehen muss, findet mit sogenannten Social Discovery Apps wie Lovoo neue Kontakte und Beziehungen: Die App zeigt andere Kontaktsuchende und ihre ungefähre Position in Form eines Radars auf dem Smartphone an – so soll man sich schnell treffen können.
Ein echter Markt: Apps wie Lovoo, Badoo oder das ebenfalls sehr populäre Tinder verzeichnen gerade bei jungen Menschen seit einiger Zeit rasant wachsende Nutzerzahlen. So vermeldete Lovoo kürzlich, die Marke mit 50 Millionen Nutzern geknackt zu haben. Auch das ist sicherlich ein Trend, der auf den gesellschaftlichen Wandel in Richtung Mobilität und Flexibilität zurückzuführen ist.
„Gemeinsam einsam“
Diese Zahlen zeigen aber auch, dass die Zunahme der Einpersonenhaushalte zumindest nicht zwangsläufig mit einer verstärkten Vereinzelung zusammenhängen muss. Beziehungen und Kontakte werden weiterhin gesucht – aber es ist aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen vielleicht schwieriger geworden, dauerhaft zusammenzuleben. Man ist heutzutage gewissermaßen „gemeinsam allein“. Das Internet bietet in dieser Hinsicht neue Möglichkeiten, Mobilität, Kontaktpflege und Kennenlernen zu vereinen.
Wie schwierig es für jüngere Generationen trotz digitaler Hilfsmittel ist, Liebe und Karriere unter einen Hut zu bekommen, zeigt ein aktuelles Interview des Hamburger Abendblatts mit einer jungen Frau: Auch sie musste für das Studium fortziehen und glaubt, dass ihrer Generation Beziehungen schwerfallen. Wer flexibel bleiben muss, kann sich nur mit Schwierigkeiten langfristig an einen Ort und einen Partner binden – ein Dilemma. Hier ist weiterhin Politik und Wirtschaft gefragt, um Familien die Vereinbarkeit mit dem Beruf zu erleichtern. In OWL soll dies laut der NW beispielsweise durch Initiativen wie „Ausgezeichnet familienfreundlich“ geschehen.
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