Wie der Bund an seinen Schulden verdient

Schulden machen und damit Geld verdienen: Was für Privatleute zu schön klingt um wahr zu sein, ist für die Bundesrepublik Deutschland momentan Realität. Finanzminister Schäuble reibt sich die Hände: Satte 1,5 Milliarden Euro nahm der Bund im ersten Halbjahr 2016 durch die Aufnahme neuer Schulden ein. Wie kann so etwas zustande kommen?

Schwere Zeiten für Anleger

Verantwortlich ist unter anderem die Popularität von deutschen Staatsanleihen. Sie ist zurzeit so groß, dass Anleger bereit sind, Verluste in Kauf zu nehmen, anstatt Zinsen zu erhalten. Das erklärt sich dadurch, dass an den globalen Finanzmärkten im Moment turbulente Zeiten herrschen. Bedingt durch die Auswirkungen des Brexit-Votums in Großbritannien wurde die fast schon in Vergessenheit geratene Bankenkrise neu befeuert, denn viele Geldinstitute halten eine Großzahl von Staatsanleihen, darunter auch britische.

Die mit dem Brexit verbundene Unsicherheit hat nicht nur einen Wertverlust von Bankaktien zur Folge, auch Aktien und Anleihen von in Großbritannien aktiven Unternehmen verlieren an Wert. Viele Anleger, für die die Sicherheit ihrer Einlagen an erster Stelle steht, investieren deshalb in deutsche Staatsanleihen, die als sicherer Hafen gelten. Ein Umstand, von dem andere Staaten aktuell nur träumen können:

Aufgrund der schwierigen politischen Lage nach dem Putschversuch stufte die Rating-Agentur Standard & Poor’s die Türkei als Hochrisikoland ein. Türkische Staatsanleihen gelten somit als unsicher, der türkische Staat wird Anlegern infolgedessen zukünftig hohe Zinsen auf ausgegebene Staatsanleihen zahlen müssen. Je geringer das Risiko eines Totalverlustes einer Anleihe ist, desto stärker sinkt der Zinssatz – das trifft eben auf deutsche Staatsanleihen zu.

Auch Privatleute profitieren

Trotzdem erscheint es kurios, Geld anzulegen und dafür zu bezahlen. Neben der Unsicherheit an den Finanzmärkten ist dafür das aktuelle Niedrigzinsniveau verantwortlich. Seit März beträgt der Leitzinssatz, also jener Zinssatz, zu dem Banken sich bei der Europäischen Zentralbank mit Geld versorgen können, exakt 0 %. Das wirkt sich auf Spar- und Kreditzinsen gleichermaßen aus. Die geringen Zinsen sollen Banken, Unternehmen und Privatleute dazu animieren, weniger Geld zu sparen und dafür mehr zu investieren, um die schwächelnde Konjunktur anzukurbeln.

Was Anleger ärgert, erfreut potenzielle Kreditnehmer. Zwar bekommen sie nicht wie der Bund Geld für den Abschluss eines Kredits, erhalten das Darlehen aber zu einem niedrigen Zinssatz – hier ein Beispiel der Norisbank. Vielleicht ein Anreiz für all jene, die schon länger mit der Renovierung der Wohnung oder einem neuen Auto liebäugeln. Solche Dinge stellen schließlich einen Mehrwehrt dar, der sich nicht nur auf dem Konto, sondern in einem Zuwachs an Lebensqualität widerspiegelt.


Bildrechte: Flickr Geldscheine Maik Meid CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten

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