Minden(mr). Es ist kurz nach halb zwölf, mittags. Zeit für die Essensausgabe im Johannes-Wesling-Klinikum Minden. Patient Henning Rehbock hat jedoch keinen Appetit. Der 51-jährige Petershäger sitzt sonst um diese Zeit bereits im Flieger auf Geschäftsreise nach Asien. Als dem groß gewachsenen Mann auf dem Rückflug von Indien vor Pfingsten im Flieger „speiübel“ wurde, dachte er sich nichts dabei. „Da hab ich wohl was Falsches gegessen“, erzählt Rehbock während er sich in seinem Krankenbett aufrichtet. Zu der Übelkeit kam später ein starkes Brennen und heftige Schmerzen in der Brust, erzählt der gebürtige Hildener.
Mit dem Notarzt ins Klinikum
„Ich hatte keine Todesangst aber ich war völlig aufgewühlt“, sagt Rehbock. Ein paar Tage später ging er zum Hausarzt, der ihn nach einem Blick auf das EKG sofort mit dem Rettungswagen ins JWK schickte. Tatsächlich, so bestätigten später die Ärzte, habe der Mann im Flugzeug einen Herzinfarkt erlitten. „Das Wochenende habe ich überstanden, weil ich bei guter körperlicher Verfassung sei“, zitiert Rehbock den Hausarzt. „Ein Anderer hätte das niemals überlebt“, war sich der Mediziner sicher.
Herzleistung bei 50 Prozent
Im Johannes Wesling Klinikum Minden angekommen, stellte PD Dr. Marcus Wiemer, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin des JWK fest, dass die Herzleistung des Mannes nur noch bei 50 Prozent lag. Grund dafür war eine verstopfte Arterie. Das Herz des 51-Jährigen war nur schwach durchblutet. Jetzt musste schnell gehandelt werden: „Über die Beinschlagader des Patienten führten wir einen Katheter ein und schoben ihn zur verengten Stelle am Gefäß“, erklärt Wiemer. Der Ballon am Katheter entfaltet sich unter hohem Druck mit bis zu 20 bar an der verengten Stelle. „Durch den Druck konnten wir die Ablagerungen in die Gefäßwand schieben und das Blut konnte wieder fließen.“
„Stelle am Herz war steinhart“
„Die Behandlung war erfolgreich“, freut sich Rehbock. „Doch da gab es noch eine zweite verstopfte Arterie, die bis zu 70 Prozent zu war“, erzählt der kräftige Mann. Diese Stelle am Herz war steinhart“, fügt der Chefarzt hinzu. Mit einem Druck von 30 bar versuchten die Spezialisten den Ballon im Inneren des Gefäßes aufzuweiten – ohne Erfolg. Die Behandlung musste abgebrochen werden.
Diamant bohrt Verkalkungen auf
„Wenn Gefäße zu stark verhärtet sind, muss eine Bypass-Operation am offenen Herz gemacht werden“, erklärt Herzspezialist Wiemer. Eine Methode, bei der ein Schnitt von 30 Zentimeter Länge erfolgen muss. Um dem Patienten eine OP zu ersparen, gibt es im Mindener JWK seit kurzem eine neue Möglichkeit, harte Gefäßverengungen zu entfernen. „Solche Verhärtungen bohren wir auf“, berichtet der Kardiologe. Der Bohrer besteht aus einem Draht und einem 1,5-Millimeter großen Messingbohrkopf mit Diamantbruchstücken. „Die Methode ist in vielen Herzzentren bereits ein Routineeingriff. Das JWK komplettiert damit sein Eingriffsspektrum im Bereich der Kardiologie.“
Einer der Ersten in Minden
„Das Aufsprengen fühlte sich an wie eine Explosion. Das war auch schmerzhaft“, erinnert sich Henning Rehbock. Er war der erste Patient, bei dem die neue Behandlungsmethode im Mindener Maximalversorger angewandt wurde. Sämtliche Gefäßablagerungen konnten aus dem betroffenen Gefäß entfernt werden. Dann klopft es an der Tür: „Möchten Sie etwas zu trinken, Herr Rehbock?“, fragt eine Krankenschwester. Rehbock bejaht, richtet sich auf seinem Bett auf. Bald nippt er am heißen Kaffee. „Ich warte auf meine Blutergebnisse. Danach darf ich nach Hause“, sagt der Familienvater lächelnd. Gegen den Bluthochdruck nehme er Medikamente, mit dem Rauchen habe er aufgehört. „Ich bin froh wieder gesund zu sein, jetzt tue ich mehr, um es auch zu bleiben.“