Minden-Lübbecke: Ein Licht verbindet, erinnert und mahnt

Minden/Kreis-Minden-Lübbecke(mr/gfp). Zu einer Gedenkfeier „Ein Licht verbindet – 27 Jahre mit Tschernobyl hatte die Umweltgruppe GreenFairPlanet auf den Markt in Minden aufgerufen.

Der Landrat Dr. Niermann mit Sachiko Hara und Irina Kuzmina Foto: Oliver Hallmann
Der Landrat Dr. Niermann mit Sachiko Hara und Irina Kuzmina Foto: Hartmut Karge

Landrat Dr. Ralf Niermann, Bürgermeister Michael Buhre, Sachiko Hara, Polina Neumann, Irina und Liudmilla Kuzmina setzten am Vorabend des 27. Tschernobyl- Jahrestages in Minden Lichter die verbinden, erinnern und mahnen.

Gemeinsam mit den mehr als 100 Gästen zündeten sie für eine Gedenkminute 500 Kerzen vor dem Rathaus an und gedachten der Opfer und der Angehörigen der Reaktorkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima.

Die Veranstaltung fand im Rahmen der Europäischen Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“ zeitgleich in zehn Ländern statt.

Sachiko Hara berichtete in ergreifenden Worten, wie sie verzweifelt versucht hat, ihre Familie und Freunde nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima nach Deutschland zu holen, um sie vor den tödlichen Strahlen zu retten. Nach ihrer Rede sang sie auf japanisch das Lied „Abschied“

500 Kerzen symbolisieren 500 verlassene Orte in Belarus

Es wurde nicht nur den Opfern der Atomkraft in Tschernobyl und Fukushima gedacht, im Mittelpunkt standen die Menschen aus dem Kreis Minden-Lübbecke, die seit 27 Jahren in ihrem ehrenamtlichen Engagement mit Tschernobyl leben sowie die 500 verlorenen Orte, die nach dem 26.April 1986 evakuiert wurden. Namen der Dörfer und Städte alphabetisch sortiert trugen Jugendliche verschiedener Schulen aus dem Kreisgebiet auf Plakaten

Würdigung des ehrenamtlichen Engagement

Landrat Dr. Ralf Niermann, der die Schirmherrschaft für diese Gedenkfeier übernommen hatte, würdigte die Organisationen, Vereine, Kirchen, Schulen im Kreis Minden-Lübbecke, die im kulturellen, künstlerischen, sportlichen, schulischen, medizinischen, beruflichen und im Umweltschutz Begegnungen mit Tschernobyl leben.

Bürgermeister Michael Buhre sprach über die Wichtigkeit und Bedeutung der Veranstaltung, die nicht nur erinnert sondern auch die Frage an jeden Einzelnen stellt, wie soll es mit unserer Energieversorgung in Zukunft weitergehen und was insbesondere die Jugend selbst zu einer nachhaltigen und gerechten Welt beitragen kann.

„Wir sind die Generation Tschernobyl und Fukushima. Wir müssen all unsere Kraft dafür einsetzen, dass wir nicht die Generation Grohnde oder Brokdorf werden“, mahnt Elisabeth Schmelzer von GreenFairPlanet.

Erholung für Tschernobylkinder
Mit Begeisterung erzählte Martina Höfel über die Aktivitäten der Tschernobylkinderhilfe Minden und ihren Erlebnissen mit den Kindern.
Eines der „Tschernobylkinder“ ist Irina Kuzmina. In schlichten Worten schilderte die 18 jährige in deutscher Sprache ihren Aufenthalt in Minden und bei ihrer Gastfamilie in Hille.
„Ich habe eine 2. Familie bekommen“, sagt Irina. „Schon bei meinem 1. Besuch habe ich Frau Schmoller „Mama 2“ genannt.

Die vergessenen Liquidatoren

Polina Neumann in der Ukraine geboren, sprach stellvertretend für ihren erkrankten Schwager Viktor, der als 28 jähriger als Liquidator in Tschernobyl eingesetzt wurde. Außer einem Orden hat er keine Entschädigung oder Rente erhalten. Seine Gesundheit ist ruiniert. Er ist berufsunfähig und den Kampf um Entschädigung hat er längst aufgegeben, berichtet sie..

Folgen von den atomaren Katastrophen schnell archiviert
Für die ebenfalls erkrankte Dr. Irina Gruschewaja, Bürgerrechtlerin und die Frau Europas 2011, ist Barbara Brockamp eingesprungen und hat einen Brief von Gruschewaja an Elisabeth Schmelzer vorgelesen.“ Ich finde, dass es so wichtig ist, die Aktionen durchzuführen, wie Sie es machen. Es ist so erschreckend, wie die Folgen von den atomaren Katastrophen schnell archiviert werden und als etwas, was passiert und abgeschlossen ist, dargestellt werden. Als wäre es ein „gewöhnlicher “ Krieg, dessen Spuren nach und nach überwunden werden. Der Krieg des als friedlich bezeichneten Atoms gegen den Menschen als Spezie ist doch ganz anders. ON going! Ohne aufzuhören verläuft er in den Körpern der Menschen, in ihren Zellen , bezieht neue Generationen ein….“

Jugendliche führen durch das Programm

Einen aus Tschernobyl – Eine Chronik der Zukunft von Swetlana Alexijewitsch haben Rita Maria Fröhle aus Vlotho und Nathan Niedermeier von der Freien Waldorfschule Minden einfühlsam und berührend vorgelesen. Nathan, appellierte nach seiner Lesung, dass jeder Bürger etwas machen könnte, um die Atomlobby auszubremsen und verwies auf den Strom- und Bankwechsel.

Die Gründe für sein Engagement gegen Atomkraft und für die Energiewende schilderte mit klaren Worten Jannes Tillicke, 22 Jahre, von den Jusos Minden-Lübbecke. Betroffen von dem Reaktorunfall im April 1986 sind keineswegs nur, die Ukraine und das kleine Weißrussland, wo jeder fünfte – immerhin 2,1 Millionen Menschen, darunter 700 000 Kinder – auf verstrahltem Gebiet lebt und die radioaktive Strahlung die häufigste Todesursache ist. Mit seinem Beitrag über die verlorene Stadt Prypjat’, die einzige Stadt der Welt, deren Alter so leicht zu berechnen ist: 1970 (Gründung) bis 1986 (Untergang), machte er noch einmal eindringlich seine Forderung Abschalten der Atomkraftwerke weltweit deutlich.
Mit ihrem Poetry Slam „Licht“ traf die 16 jährige Schülerin Linda Cooper nicht nur das Thema der Veranstaltung „Ein Licht verbindet“ sondern auch die Herzen der Zuhörer.
Musikalisch wurde die Gedenkfeier von Helga Freude und Polina Neumann umrahmt.
Den Organisatoren von GreenFairPlanet ist es gelungen, dass überwiegend Jugendliche 90 Minuten durch das Programm geführt haben.

One Reply to “Minden-Lübbecke: Ein Licht verbindet, erinnert und mahnt”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert