GSW Minden erwägt Abriss im Namen der Klimaneutralität

Die Mehrfamilienhäuser der GSW am Habsburgering
Die GSW erwägt den Abriss der Mehrfamilienhäuser am Habsburgerring Foto: Stefan Schröder

Minden(mr) Die Mehrfamilienhäuser der Genossenschaft GSW am Habsburgerring und dessen Mieter stehen vor einer unsicheren Zukunft. Bei einer Informationsveranstaltung am 21. September 2023 wurden für die Mieter überraschende Pläne vorgestellt, die tiefe Sorgen und Unsicherheiten ausgelöst haben.

Die Bewohner der nach Mieterangaben 104 Wohnungen des Quartiers wurden auf eine Informationsveranstaltung eingeladen, um über die Probleme mit der Zukunft der Gasheizung und über zukünftige energetische Maßnahmen zu sprechen. „Von einem Abriss der Mehrfamilienhäuser stand in der Einladung nichts“, so die betroffenen Mieter.  Doch was ihnen tatsächlich präsentiert wurde, war eine weitreichende Neugestaltung des gesamten Quartiers. Die GSW erwägt den schrittweisen Abriss und den anschließenden Neubau der Häuserblocks und den Neubau eines Parkhauses mit dem Ziel, „die gesetzliche Klimaneutralität bis 2045“ zu erreichen – ein ehrgeiziges Ziel, das jedoch mit erheblichen sozialen und finanziellen Herausforderungen einhergeht.

Die vorgeschlagenen Verbesserungen sind verlockend: Modernere Wohnungen mit hochwertigen Bodenbelägen, größeren Bädern und breiteren Türen. Ein Parkhaus soll die oft stressige Parksituation entlasten. Doch die positiven Veränderungen kommen zu einem hohen Preis, fürchten die Mieter.  So befürchten sie, dass die Grundmieten drastisch steigen werden. Von derzeit im Schnitt 5,50 Euro pro Quadratmeter auf über neun Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, was viele Bewohner vor erhebliche finanzielle Schwierigkeiten stellen würde.

Viele Mieter haben nur geringe Einkommen

Die meisten Mieter verfügen nur über geringe Einkommen und wohnen allein. Viele haben psychische und physische Erkrankungen und werden von Vereinen und Organisationen im näheren Umfeld betreut.
Seit der Infoveranstaltung berichten zahlreiche Mieter von Schlaflosigkeit und einem großen psychischen Druck, der auf Ihnen lastet. Nach den Unsicherheiten der letzten Jahre und der Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft, drohe nun der Verlust eines der wichtigsten Anker im Leben – des eigenen Zuhauses.

Bei einem Abriss, der nicht vor 2026 angedacht sei, müssten die Bewohner aus ihren Häusern ausziehen, was eine enorme Veränderung ihres Alltags bedeuten würde. Zwei Umzüge, dessen Kostenübernahme ungeklärt ist. Ebenfalls ungeklärt, ob genügend Wohnraum mit Sozialbindung geschaffen werden und jeder Mieter wieder in sein angestammtes Viertel zurückziehen kann.

Kein Wohnraum mehr für Schüler, Studenten und Auszubildende

Eine weitere einschneidende Veränderung wäre die Umstellung auf größere Wohnungen, wobei kleinere Einraumwohnungen nicht mehr angeboten würden. Dies könnte bedeuten, dass Schüler der Freiherr-vom Stein Schule, Studenten der Fachhochschule und Auszubildende im Habsburgerring keine geeigneten und bezahlbaren Wohnungen mehr finden.

Die GSW argumentiert, dass der Neubau der Schlüssel zur Erreichung der Klimaneutralität sei, da neue Gebäude effizientere Standards erfüllen könnten. Doch die Bewohner weisen darauf hin, dass auch Bestandsbauten zur CO²-Reduktion beitragen können, wenn entsprechende Modernisierungsmaßnahmen ergriffen werden.

Bei einer energetischen Sanierung könnten die Mieter während der Bauphase in der eigenen Wohnung leben. Dies könnte aber zu erheblichen Einschränkungen führen.  Die GSW verweist darauf, dass die Kosten einer energetischen Sanierung ebenfalls auf die Mieten umgelegt werden.

„Nachbarschaftsgruppe“ wird gebildet

Die Mieter sind äußerst besorgt über die sozialen und finanziellen Auswirkungen auf ihre Leben.  Derzeit werde eine „Nachbarschaftsgruppe“ gebildet.  Sie wollen für den Erhalt der Mehrfamilienhäuser kämpfen und die drohenden Abrisspläne abwenden. Außerdem sammeln die Mieter derzeit Unterschriften gegen den erwogenen Abriss. Diese möchte die Nachbarschaftsgruppe dem Vorstand und der Geschäftsführung der GSW übergeben.
Auch kündigten zahlreiche Mieter an, sich auch juristisch gegen einen Abriss wehren zu wollen.

Die GSW hat den betroffenen Mietern inzwischen eine persönliche Ansprechpartnerin aus dem Bereich Vermietungen zur Seite gestellt. Bei offenen Fragen könnten sich Bewohner an diese wenden.

Die Zukunft der Mehrfamilienhäuser am Habsburgerring bleibt ungewiss und die Bewohner berichten, dass sie seit der Information über den angedachten Abriss unter einem weiteren großen psychischen Druck stünden. Einer Entscheidung, von der sie befürchten müssen, dass diese ihr Leben und ihre Finanzen erheblich negativ beeinflussen könnte. Während die Genossenschaft die Vorteile eines Neubaus – auch in Bezug auf Bausubstanz und besserem Lärmschutz – betont, gibt es auf Seiten der Mieter erhebliche Zweifel bezüglich der sozialen Verträglichkeit dieses Vorhabens.


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