Minden: Schüler erlebten „Politik zum Selbermachen“

Minden. Noch einmal das Mikrofon justieren, die Beschlussfähigkeit des Rates prüfen und die Sitzung eröffnen – für Bürgermeister Michael Buhre ist das eigentlich Routine. Was vergangenen Montag anders war? Anstelle der bekannten 58 Stadtverordneten füllten 35 Achtklässler der Freiherr-von-Vincke-Schule das Ratsrund. Der Kurs der Realschule nahm an der zweiten Schülerratssitzung der Stadt Minden teil.

Unter Anleitung ihrer Lehrer Jens Hildebrandt und Ute Peters bereiteten die Schüler das Projekt in den vergangenen Wochen vor. Sie bildeten vier Fraktionen – aus der Partei der Mindener Bürger (PMB), der Freiheitlich Liberalen Partei (FLP), der Partei Soziale Gerechtigkeit Minden (SGM) und aus der Ökologischen Partei (ÖP) – und entwickelten entsprechende Parteiprogramme. Von Sigrun Lohmeier, bei der Stadt Minden zuständig für Ratsarbeit, wurden die Schüler mit Grundlagen des Kommunalrechts und dem Ablauf einer Ratssitzung im Vorfeld während einer Unterrichtsstunde vertraut gemacht.

Für die eigentliche Ratssitzung hatten die Schülerinnen und Schüler sechs Anträge vorbereitet – zum Beispiel auf Erschließung eines Gewerbegebiets, auf Anschaffung von Mobiliar und Spielgeräten für städtische Schulen oder auf Teilnahme an dem Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“. Auch über die Sanierung der Fahrbahndecke der Weserbrücke sowie über den Bau eines Fahrradweges durch das Glacis mussten die jungen Stadtverordneten diskutieren und entscheiden. Die Schwierigkeit: In ihrem vollen Umfang hätten die fiktiven Maßnahmen die Stadt eine Million Euro kosten. Das Haushaltsbudget, über das die Schüler verfügen konnten, war aber auf 750.000 Euro begrenzt. Auf dieser Grundlage nahm ein spannendes Planspiel seinen Lauf.

Besonders über den Bau eines Abenteuerspielplatzes im Stadtteil Bärenkämpen wurde lange diskutiert. Sah der ursprüngliche Antrag der Fraktion SGM den Bau eines neuen Spielplatzes vor, entschied der Rat schließlich mit großer Mehrheit, eine bereits vorhandene Spielfläche instand zu setzen. „Wir müssen an das Gesamtbudget denken“, hatte Eike Warnat von der Fraktion PMB zuvor angeregt. Der neue Spielplatz hätte mit 70.000 Euro zu Buche geschlagen, die Sanierungsarbeiten kosteten bloß 10.000 Euro.

„Ihr habt Euch viel häufiger zu Wort gemeldet, als sonst in Ratssitzungen üblich“, lobte Buhre im Anschluss an die Sitzung die engagierten Teilnehmer. Es sei gar nicht so einfach gewesen, den Überblick über die bürgermeisterliche Rednerliste zu behalten. Herzlich hieß Buhre die Schülerinnen und Schüler willkommen, sich zum Vergleich mal eine öffentliche Ratssitzung anzuschauen.

 

Die Schüler der Freiherr-von-Vincke-Realschule erlebten während der Schülerratssitzung, dass Politik Spaß machen kann.

Auch die Stadtverordneten auf Probe zogen positive Bilanz: „Die Ratssitzung hat total viel Spaß gemacht“, meinte Schülerin Leonora Bitici. „Wir haben viel dazu gelernt.“ Bei einem derart positiven Feedback plant Lehrer Jens Hildebrandt mit der Stadtverwaltung in Zukunft weitere Schülerratssitzungen vorzubereiten. Lehrerinnen und Lehrer anderer weiterführender Schulen, die ebenfalls Interesse haben, eine Schülerratssitzung in ihren Unterricht zu integrieren, erteilt Sigrun Lohmeier von der Stadt Minden unter Tel. 0571/ 89-206 Auskunft.

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