Lübbecke(mr/sl). Der Dorfplatz am Zigarrenarbeiterdenkmal in Gehlenbeck trägt jetzt offiziell den Namen „Günter-Döding-Platz“. Bürgermeister Eckhard Witte, der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Herr Franz-Josef Möllenberg, und Landrat Dr. Ralf Niermann freuten sich über die Enthüllung einer entsprechenden Ehrentafel.
Der komplette Hauptvorstand der Gewerkschaft NGG und zahlreiche Gäste erhielten anschließend im Heimathaus Gehlenbeck Einblicke in das Leben eines Visionärs und Individualisten. Franz-Josef Möllenberg würdigte Günter Döding als eine der herausragendsten Persönlichkeiten der deutschen Gewerkschaftsbewegung: „Er hat mit seinen zukunftsweisenden tarif-, umwelt- und sozialpolitischen Konzepten wie kein anderer die Gewerkschaftsgeschichte nach 1945 geprägt.“
Der langjährige Weggefährte und frühere Ortsvorsteher Wilhelm Tempelmeier erinnerte sich an gemeinsame Erlebnisse und berichtete von der heimatlichen Verbundenheit Günter Dödings: „Ich glaube hier sagen zu können, dass noch kein Bürger so viele Leistungen für Gehlenbeck erbracht hat. Günter Döding hat die besondere Ehrung durch den Günter-Döding-Platz mitten in Gehlenbeck verdient. Günter Döding hat sich um Gehlenbeck verdient gemacht!“
Mit dem Herzen ist Günter Döding immer Gehlenbecker geblieben
Günter Döding wurde am am 4. September 1930 in Isenstedt als Sohn einer Schneiderfamilie geboren und ist in Gehlenbeck aufgewachsen. Er verstarb am 8. August 2005 in Hamburg.
1953 trat der gelernte Zigarrensortierer der Gewerkschaft NGG bei. Schon 1956 wurde er Bundesjugendsekretär in der Hamburger Hauptverwaltung der NGG und 1966 2. Vorsitzender. Von 1978 bis 1989 war er 1. Vorsitzender der Gewerkschaft NGG. Acht Jahre lang hat er als Präsident der Internationalen Union der Lebens- und Genussmittelarbeiter-Gewerkschaften in einer globalisierten Welt die Interessen der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer vertreten. Darüber hinaus war er Ehrenmitglied des israelischen Gewerkschaftsbundes. 1969 setzte die NGG unter seiner Ägide als erste Gewerkschaft Wochenarbeitszeiten von unter 40 Stunden für Schichtarbeiter durch, 1974 den ersten einheitlichen Entgelttarifvertrag, der die Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten aufhob. Viele weitere tarifpolitische Errungenschaften wie die Einführung des arbeitsfreien Samstags und zusätzlicher tariflicher Leistungen tragen seine Handschrift. Günter Döding gilt als „Vater des Vorruhestands“.
Mit dem Herzen ist Günter Döding immer Gehlenbecker geblieben. Zahlreiche Besuche und sein großes persönliches Engagement um die Pflege des Birkwildes im Großen Torfmoor zeugen davon. Der Fitzebohnenverein wurde von ihm mitgegründet.
Günter und seine Frau Ilse Döding (übrigens eine geborene Klostermann aus Blasheim) stiften 1987 – also vor genau 25 Jahren – das Zigarrenarbeiter-Denkmal in Gehlenbeck. Das Denkmal wurde vom Lübbecker Bildhauer Peter Medzech gestaltet und zeigt: die Ziege (damals in Gehlenbeck weit verbreitet und das „Kapital des kleinen Mannes“), die Zigarrenmacherin (für das Zigarrenhandwerk) und den Jungen auf dem dicken Stein (dem alten Treffpunkt der Jugend). Nach Günter Dödings Worten soll die Skulptur „das Nachdenken darüber erleichtern, woher wir kommen. Denn wer sich in der Gegenwart bewähren, wer in der Zukunft etwas in Bewegung setzen will, der muss die Wurzeln kennen, denen wir entspringen.“
Im Jahr 2000 wurde auf Initiative des damaligen Ortsvorstehers Wilhelm Tempelmeier um das Denkmal herum ein Dorfplatz geschaffen mit einem – ebenfalls von Günter und Ilse Döding gestifteten – Mühlstein als Brunnen, einer Ruhebank und dem „dicken Stein“ auf dem schon der kleine Günter als Kind gesessen hat. Wo jetzt der Dorfplatz ist, befand sich früher der Eingang zur Bäckerei und Colonialwaarenhandlung von Carl von der Ahe. In den 50er und 60er Jahren war es Gaststätte und Café, später wurde das Gebäude dann abgerissen. Der „dicke Stein“ hat nachweislich schon vor 1900 an dieser Stelle gelegen und war jahrzehntelang Treffpunkt der Gehlenbecker Jugend und Mittelpunkt des Dorfes. Er schmückte dann eine Zeitlang die Lange Straße in Lübbecke und fristete dann unweit des Gehlenbecker Sportlerheims ein eher unbeachtetes Dasein. Mit der Neugestaltung des Dorfplatzes wurde der Stein an seinen ursprünglichen Ort zurückgeholt. Der Platz wird seit Jahren vom Ehepaar Gertrud und Heinrich Fründ gepflegt.
Mit dem großzügigen Vermächtnis Günter Dödings konnte die Erhaltung bzw. Restaurierung mehrerer historischer Bauten und Denkmäler, vor allem im Ortsteil Gehlenbeck, realisiert werden. Unter anderem der Einbau einer Heizungsanlage auf der Deele des Heimathauses Gehlenbeck.
Für seine besonderen Leistungen wurde Günter Döding ausgezeichnet mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und mit dem Großen Verdienstkreuz des Landes Niedersachsen. Von der Stadt Lübbecke wurde er 1987 als erste und bislang einzige Person mit dem Ehrenbrief und Ehrenschild der Stadt ausgezeichnet.
Im August 2010 hat Herr Kleine-Beek die Anregung der Gewerkschaft NGG im Rathaus vorgetragen, Herrn Döding durch die Namensbenennung einer Straße oder eines Platzes zu ehren. Die Anregung ist sowohl von den Vertretern der Ortschaft Gehlenbeck als auch von der Stadt Lübbecke gerne unterstützt worden. Es herrschte Einigkeit, dass am besten der Platz mit dem Zigarrenarbeiterdenkmal nach Günter Döding benannt werden sollte. Der entsprechende Beschluss im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Lübbecke wurde einstimmig gefasst. Die Stadt hat dann noch einen Grundstücksstreifen von 40 m² erworben, um den Platz zu vergrößern. Außerdem wurde die Grünanlage neu gestaltet, so dass der Platz jetzt einen ansprechenden Rahmen bietet.
Mit der Namensgebung in „Günter-Döding-Platz“ wird zukünftig an einen großen Gehlenbecker erinnert, der zwar schon als junger Mann fortgegangen ist, aber seine Gehlenbecker Wurzeln nie vergessen hat.