Berlin(mr/li). Die Sanktionen gegen Hartz-IV-Beziehende hat einen neuen Höchststand erreicht. Auf über eine Million Sanktionen kommt die Süddeutsche Zeitung, die alle seit August 2011 verhängten Leistungskürzungen bei Menschen im Hartz-IV-Bezug zusammengerechnet hat. Mehr als 10.400 Betroffenen wurden sogar alle Leistungen gestrichen, also doppelt so vielen Menschen wie im Vorjahreszeitraum. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ hervor.
Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, kritisiert diese Entwicklung scharf: »Sinkende Erwerbslosenzahlen und steigende Sanktionen können nur heißen, dass die Jobcenter immer erbarmungsloser gegen die Leute vorgehen«, sagte sie der Zeitung »neues Deutschland«. Ob Angestellte der Jobcenter auf Anweisung von oben immer mehr Sanktionen verhängen, müsse der Bundestag prüfen. Ein politisch verordneter Entzug der Existenzgrundlage sei nicht zu dulden. Das verstoße gegen die grundgesetzlich geschützte Menschenwürde.
Wolfgang Nešković, Justiziar der Fraktion „Die Linke“, ärgert besonders die Gleichgültigkeit, die aus den Antworten der Bundesregierung hervorgeht. So wisse die Bundesregierung nicht, ob die von komplettem Leistungsentzug betroffenen Menschen wenigstens Lebensmittelgutscheine oder andere Sachleistungen erhielten beziehungsweise wie sie bis zu deren Bewilligung über die Runden kamen. Ebenfalls sehe sie keine Notwendigkeit, die Auswirkungen der Sanktionen gegen die Betroffenen untersuchen zu lassen.
Nešković schockiert, dass die Bundesregierung auf ihrer Rechtssicht beharrt, denn bereits im Juli hatte das Bundesverfassungsgericht die Leistungen für Asylbewerber, die um ein Drittel unter dem Hartz-IV-Satz liegen, für menschenunwürdig erklärt. »Wenn die Bundesregierung behauptet, durch diese Entscheidung seien die Sanktionsnormen nicht in Frage gestellt, zeugt dies von trotziger Rechtsblindheit«, meint Nešković.