Ein Kommentar von Jürgen Schnake
Robert McNamara, Verteidigungsminister der USA während des Vietnamskrieges, erklärt in dem hervorragenden Film „The Fog of War“ einige seiner Lebensregeln.
Eine davon lautet: „Verstehe deinen Feind.“
Er erklärt im weiteren Verlauf, man habe Nazi-Deutschland besiegt, weil man sich daran gehalten habe – und sei in Vietnam gescheitert, weil man diese Regel komplett missachtet hätte – wie ihm aber erst auf der Friedenskonferenz 1972 aufgegangen sei, als er mit dem gegnerischen General am Tisch saß.
Die AfD stellt im Mindener Rat einen Antrag, von dem selbst die Linke sagt: Über Teile davon (mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Flüchtlingen zu verlangen; dabei wird auf die komplette Übernahme der Kosten in Bayern verwiesen) könne man durchaus reden.
Der Antrag ist allerdings gleichzeitig auch in einer Sprache formuliert, die praktisch alle Fraktionen zu sehr drastischen Worten greifen lässt – und das zu Recht. Auch inhaltlich ist er in weiten Teilen unfassbar untragbar.
Dann aber fast geschlossen den Raum zu verlassen halte ich aus oben genanntem Grund für einen Fehler. Niemand mit ein bisschen Verstand würde nach der Diagnose „Hirntumor“ die Augen verschließen und hoffen, dass alles gut wird. Man ergreift Maßnahmen, um die Krankheit in den Griff zu bekommen.
Wenn ein Kind in die Pubertät kommt und anfängt, dummes Zeug zu machen und von sich zu geben – dann werden gute Eltern es eben nicht allein lassen. Sie kommen ihrer Vorbildfunktion nach. Rauslaufen und mit den Füßen stampfen ist da eher den noch jüngeren vorbehalten.
Aber genau das hat der Rat gestern getan. Leider. Als vor einigen Jahren das „BBM“ (firmiert heute teilweise als „DLF“) den einzigen „Republikaner“ im Rat assimiliert hat, waren damit zwar etliche Mindener (inklusive mir selbst) davon anfangs eher instinktiv nicht sonderlich angetan – aber es war der beste mögliche Schritt.
Was weite Teile des Rates am Donnerstag getan haben, mag verständlich und lobenswert sein auf den ersten Blick. Aber es hat nicht nur unnötig Fronten verhärtet, es hat die AfD auch auf die (zumindest online) Titelseite gebracht und ihr ermöglicht, sich als Opfer darzustellen. Zumindest intern dürfte die AfD aus dem Abend gestärkt hervor gehen.
Ein Pyrrhussieg.
Anmerkung der Redaktion: Bis auf vier Stadtverordnete und den drei Vertretern der AfD verliessen alle Stadtverordneten den Sitzungssaal. Ausführlicher Bericht morgen in der Mindener Rundschau
Können sie bitte mitteilen welche Passagen ihnen so gegen den Strich gegangen sind. Ich kenne den Antrag nicht und möchte mich selber informieren und nicht auf einen Kommentar verlassen in dessen zweitem Satz schon das Wort Nazi-Deutschland vorkommt.
Das wirk hier alles andere als seriös, und ich entscheide selbst wen ich für anständig halte und wen nicht.
Erstaunlicherweise stellt die Stadt sämtliche Sitzungen und Anträge öffentlich zur Verfügung (es gibt da so die ein oder andere gesetzliche Erfordernis)
In diesem „Interneuland“ kann man die dann einfach so herunterladen und einsehen.
In diesem Fall zB. hier
https://minden.ratsinfomanagement.net/vorgang/?__=LfyIfvCWq8Tp6Qn1Le.LbxGbw9WuCSj3Qm5HcvCWr8YmDOl7MfyIguDWsBSq4Qn0Ke.LauCYy8bGJ
Was darüber hinaus mündlich gelaufen ist und den Autor gestört hat, werden Sie, wie im Artikel angekündigt, vermutlich im Laufe des Wochenendes lesen können.
Ich denke mal, ‚“Flüchtlinge“‚ in Anführungszeichen zu setzen ist schon unsachgemäß genug.
Sachlich und allein auf den schriftlichen Antrag bezogen, liegen AfD und MR Autor mEn. richtig, wenn sie die Übernahme der Kosten einer bundes- bzw. landesverantwortlichen Pflicht durch einzelne Kommunen bemängeln, aber der AfD-Antrag folgert direkt, unkonditioniert und auch noch unspezifisch unspezifisch (dh. nicht mal eine ohnehin fragwürdige Trennung zwischen Armuts- und Gewaltflüchtlingen wird gemacht) die Abweisung weiterer Flüchtlinge – alternativlos…
Der in den Raum gestellte Bezug auf die räumliche Situation bleibt die Antwort auf die geforderte Nennung von geeigneten Wohnräumen schuldig und insinuiert so ein gegebenes Problem ohne es zu deklarieren.
Inwiefern sie McNamaras Zitat als unseriös erachten, erschließt sich mir nicht.
Allerdings findet sich die selten bezweifelte Forderung nach Kenntnis des Feindes (und seiner selbst) bereits bei Sunzi und generell ist es dem demokratischen Prozeß sicher nicht zuträglich, politische Meinungsträger selbst extremer Positionen als Feinde zu betrachten – und den polit. Diskurs somit zum Krieg zu verzerren.
Das Deutsche gibt sich aber gerne martialisch und die resultierende Verhärtung der Fronten(!) wird ja auch gerade im Artikel kritisiert.
Freundlichen Gruß
Die AFD mit pupertierenden Kindern zu vergleichen gefällt mir irgendwie. Wenn das Thema nicht zu ernst wäre.
Die Ratssitzung war offenbar ein voller Erfolg. Wegdrehen und die Probleme Problem seien lassen. Gefolgt von diesem unnötigen bis schwachsinnigen Artikel. Wir sind nicht im Krieg, Menschen mit anderer Meinung sind nicht unsere Feinde. Man kann nicht jede Meinung gutheißen, aber auch die etwas rechts Stehenden gehören zu unserer Demokratie. Und eigentlich hatte ich gedacht das wir über Analogien zwischen Menschen und Krankheiten wie ihrem erwähnten Hirntumor seit 1946 politisch hinweg sind.