Minden(mr/dm). Eine satirisch gemeinte Aktion stiftet am Samstag, dem 13. April, einige Verwirrung. Während des Aktionstages zieht eine Gruppe von fünf Superreichen durch das Zentrum. Aus ihrem Megaphon ertönt kurz nach dem Losgehen: „Unser Lifestyle der ist teuer, deshalb keine Reichensteuer!“
Schon auf den ersten Metern ist aufmerksam gewordenen Scharn-Passanten die Verblüffung anzusehen. Kein Wunder, denn heute ist bundesweiter Aktionstag des Bündnisses umFAIRteilen. Dessen Forderungen sind unter anderem eine Vermögenssteuer und ein Schliessen von Steuerschlupflöchern.Verwunderung und Unmut mischen sich bereits in der Fussgängerzone, aber auch Widerspruch. „Ich bin aber für eine Reichensteuer!“ Diesen oder einen ähnlichen Satz bekommen die Superreichen mehrfach zu hören.
Verwirrung auf dem Wochenmarkt
Eine Gemüsehändlerin auf dem Wochenmarkt macht grosse Augen. Sie versteht die Welt nicht mehr. Überzeugend erklärt der Wortführer durch das Megaphon, dass sie doch auch für arme Menschen bundesweit Feste feiern und Champagner trinken.
Was die Frau nicht wissen kann: Der „Superreichensprecher“ ist ein Globalisierungskritiker von Attac, der Gang durch die Innenstadt eine einstudierte Satire-Aktion des lokalen Bündnisses umFAIRteilen. Ein Attac-Mitglied, dass die Fünfergruppe begleitet, klärt die Marktfrau schliesslich auf. Die sieht danach sichtlich entspannter aus.
Heftiger reagiert ein Kunde auf dem Wochenmarkt. Die Forderung, Spekulationsverluste sollen doch besser die Bürger übernehmen, erwidert er spontan mit einem „Seid ihr verrückt …?“. Eine junge Attac-Aktivistin des „Reichenclubs“ kann ihn mit einem Hinweis auf den satirischen Hintergrund beruhigen.
Neid beenden: Auch Reiche haben Gefühle
In der Fussgängerzone wird eine symbolische „Not-Steueroase“ aufgebaut, die das Vermögen der „Bonzen“ vor Besteuerung retten soll. Nach dem Vorbild der occupy-nahen 99% Bewegung ist auf einem ihrer Schilder ‚We are the 1%!‘ zu lesen. Damit möchten sie auf das Leid drohender Reichensteuerzahlungen im Land hinweisen. Mühsam aufgehäufte „Billiönchen“ sollen angetastet werden. Das verletzt ihre Gefühle.
Während ihr Butler zur Erfrischung Sekt nachschenkt, fordern sie ultimativ: „Schluss mit den Neidkampagnen!“ Ihr Gegenvorschlag zu einer Steuer für Superreiche ist eine Armensteuer. Außerdem können die Bildungsausgaben zurückgefahren werden. „Drei Schuljahre sind genug.“ lautet ihr schrilles Argument.
Bündnis: Satire-Aktion überraschend glaubwürdig
Das Mindener Bündnis umFAIRteilen zeigt sich mit der Aufmerksamkeit gegenüber der Aktion ’superreiche Gegendemonstranten‘ mehr als zufrieden. Sie regte zur Auseinandersetzung mit dem Thema an. Eine Überraschung war die Beobachtung, dass die Satire von etlichen Passanten und Wochenmarktbesuchern als echt angesehen wurde.
Das Aktionsbündnis weist darauf hin, dass in der EU 115 Millionen in oder am Rande von Armut leben. Das teilte das ‚European anti poverty network (EAPN)‘ aus Brüssel im November mit. Im stark betroffenen Südeuropa gehen die Menschen bereits millionenfach auf die Strasse.