Weitere Panne im Fall NSU: Detaillierte Hinweise auf rechtextreme Terroristen blieben 2006 unbeachtet

Düsseldorf(mr/ots).  Die Polizei hatte bereits 2006 konkrete Hinweise, dass hinter der Mordserie der NSU an neun Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund rechtsextreme Terroristen stecken könnten. Das geht aus internen Dokumenten hervor, die dem WDR Politikmagazin Westpol vorliegen. Sogenannte Profiler des bayerischen und des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes hatten im Mai 2006 darauf hingewiesen, dass die Täter Rechtsextreme sein könnten, die sich aber möglicherweise Ende der neunziger Jahre aus dieser Szene zurückgezogen hätten.

Die Morde wurden von den Profilern als „Kommandoaktionen“ eingestuft. Die Motivation sei Hass auf Ausländer, die Täter würden mit der Vorstellung einer eigenen „Mission“ handeln. Dokumentiert wird darüber hinaus eine „ausgeprägte Schießfertigkeit“. Eine „professionelle Ausbildung“, etwa beim Militär, sei wahrscheinlich.

Die Erkenntnisse der Ermittler von 2006 passen verblüffend gut zu den Biographien von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Ihr Wissen präsentierten die Profiler damals der Ermittlungsgruppe „Bosporus“ in Nürnberg, die die Suche nach den Verantwortlichen für die Mordserie koordinierte. Einen Monat vor dem Bericht waren der Kioskbesitzer Mehmet Kubasik in Dortmund (4.4.2006) und der Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat in Kassel (6.4.2006) durch den NSU ermordet worden.

Die Profiler aus Bayern und NRW wiesen zudem auf mehrere Parallelen zwischen der Mordserie und dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße hin, bei dem im Juni 2004 22 Menschen verletzt wurden. Wie Westpol letzte Woche berichtet hatte, waren schon kurz nach diesem Anschlag Hinweise auf rechtsextreme Täter aufgetaucht. Dennoch wurde die tat in der Keupstraße, von der sogar ein Video der Täter vorlag, 2006 nicht in die Ermittlungen der Bosporus-Fahnder aufgenommen. Die damalige Empfehlung der Profiler, einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Bombenattentat und der Mordserie genauer zu untersuchen, wurde nicht verfolgt, obwohl der Leiter der Ermittlungsgruppe Bosporus sogar den Auftrag dazu gab. Doch seine Vorgesetzten, Vertreter verschiedener Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes, hielten weiterhin die These „rechter Terrorismus“ für unwahrscheinlich.

Bericht in der Sendung Westpol (Sonntag, 2.12.2012, 19:30 Uhr)  im WDR Fernsehen

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